Max Rümelin

»Jurist, * 15.2.1861 Stuttgart, † 22.7.1931 Tübingen.

R. studierte nach dem Besuch des Gymnasiums in Tübingen seit 1878 an der dortigen Universität Rechtswissenschaft und verbrachte je ein Semester in Berlin und Leipzig. Nach seiner Habilitation bei Ernst Conrad Zitelmann in Bonn war er dort 1886–89 Privatdozent, dann bis Herbst 1895 in Halle/Saale ao., seit 1893 o. Professor für Röm. Recht. Anschließend wechselte er für dasselbe Fach nebst Zivilrecht und Zivilprozeßrecht nach Tübingen (1906/7 Rektor); seit 1908 war er bis zu seinem Tode neben dem Lehramt auch Kanzler, als welcher er eine Mittlerrolle zwischen Universität und Ministerium einahm. 1914/15 leistete er Kriegsdienst bei einer Landsturmkompagnie. R. war freundschaftlich eng verbunden u.a. mit Rudolf Stammler, Philipp Heck und Eugen Huber, mit dem er seine Entwürfe des schweizer. Zivilgesetzbuchs diskutierte.

R. gehört zu den herausragenden Zivilrechtlern der 1. Hälfte des 20. Jh. Ausgestattet mit einer Vorliebe für philosophische und methodische Fragen zählt er zusammen mit seinen Tübinger Kollegen Heck, Eugen Locher und Heinrich Stoll zu den Wegbereitern der sogenannten Interessenjurisprudenz, die anders als die Begriffsjurisprudenz rechtliche Entscheidungen nicht aus Begrifflichkeiten abzuleiten vorgibt, sondern mit der Lückenhaftigkeit des Gesetzes rechnet. Sie will die Wertung aus einer Offenlegung und Abwägung der widerstreitenden Interessen vor dem Hintergrund der gesetzlichen Konfliktentscheidungen treffen. Im Unterschied zu den Vorstellungen der Freirechtsschule soll der Richter sich also nicht über das Gesetz erheben, sondern sein Werturteil an den Interessen der Beteiligten und deren Bewertung durch das Gesetz festmachen. Die von R. mitgeprägte Interessenjurisprudenz fand in Wissenschaft und Praxis höchste Anerkennung. Nimmt man die verstreuten Einzelpublikationen R.s zusammen, so ergibt sich eine umfassende Methodenlehre. Die Themen seiner bürgerlich-rechtlichen Schriften kreisen u.a. um die Stellvertretung, um Fragen von Schuld und Haftung, insbesondere Kausalität und Zurechnung, um Schuldversprechen, Gewohnheitsrecht, Sitte und Billigkeit. Nicht gering zu achten ist R.s Beitrag zur Entwicklung der Univ. Tübingen.«

Repgen, Tilman, Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 225

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