Melchior Palyi

»Palyi, Melchior; Wirtschaftswissenschaftler, * 14.3.1892 Budapest, † 28.7.1970 Chicago (Illinois, USA). (evangelisch)

Nach dem Abitur am Ev. Gymnasium in Budapest (1909) studierte P. an der dortigen Universität, der Handelshochschule und der Univ. München Jura, Privat- und Volkswirtschaftslehre. 1915 wurde er mit der von M. J. Bonn angeregten Arbeit ›Die romantische Geldtheorie‹ (1916) zum Dr. rer. cam. promoviert. Nach kurzer Tätigkeit im österr.-ungar. Staatsdienst nahm P. 1918–22 einen Lehrauftrag an der Handelshochschule München wahr. 1920–22 wirkte er an der Edition nachgelassener Schriften Max Webers mit. P.s Forschungen betrafen vornehmlich die aktuellen Zahlungsbilanz- und Währungsprobleme und das Bankwesen der deutschen Nachkriegszeit. 1921 habilitierte er sich in Göttingen mit der Schrift ›Der Streit um die Staatliche Theorie des Geldes‹. 1922 an die Handelshochschule Berlin umhabilitiert, erhielt P. bis zu seiner Emigration keinen Ruf auf eine Professur. Er lehrte vorübergehend in Kiel und – als Gastprofessor – an engl. und amerik. Universitäten. 1929 wurde er an der Handelshochschule Berlin zum Honorarprofessor ernannt. Vielfältig waren P.s Kontakte zur Wirtschaftspraxis und zu Wirtschaftspolitikern. 1928–33 gehörte er einem Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Bank an. In seiner Funktion als Direktor des 1931 gegründeten ›Instituts für Währungsforschung‹ in Berlin verteidigte er publizistisch die Politik der Reichsbank in der Krise und trat für den Erhalt des Goldstandards ein.

1933 emigrierte P., wegen seiner jüd. Abstammung und als kämpferischer Liberaler bedroht, über England in dieUSA. Hier unterrichtete er an verschiedenen Universitäten und führte Forschungsprojekte u.a. zu Fragen der Ordnung von Kreditmärkten durch. Er wurde amerik. Staatsbürger. 1937–40 war P. Partner in einem Handelsgeschäft, seit 1940 selbständiger Unternehmensberater und Publizist. Höchst kritisch verfolgte er nach 1945 die Entwicklung der Währungsordnungen. Er warnte beständig vor der Bedrohung individueller Freiheiten durch den modernen Staat und vor inflatorischen Tendenzen. In Zeitungsartikeln und mehreren Büchern warb er, wie schon in der Weltwirtschaftskrise, für einen weltweiten Goldstandard.«

Borchardt, Knut, in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 25 f.

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