Emil Friedberg

»Kirchenrechtler, * 22.12.1837 Konitz (Westpreußen), † 7.9.1910 Leipzig. (evangelisch)

Friedberg besuchte das Gymnasium zum Grauen Kloster in Berlin und studierte seit 1856 in Berlin und Heidelberg Jura. Er promovierte 1861 in Berlin und habilitierte sich dort 1862, wurde 1865 außerordentlicher Professor in Halle, 1868 ordentlicher Professor in Freiburg im Breisgau und 1869 in Leipzig, wo er bis zu seinem Tode wirkte. Das wissenschaftliche Anliegen Friedbergs war in erster Linie das Verhältnis von Staat und Kirche in Geschichte und Gegenwart. Diesem Thema galt bereits seine Promotionsschrift ›De finium inter ecclesiam et civitatem regundorum judicio quid medii aevi doctores et leges statuerunt‹; obwohl Friedberg ein historisches Thema behandelt, befürwortet er bereits hier im Geiste des zeitgenössischen Liberalismus die unbedingte Hoheitsgewalt des Staates über die Kirche. Friedberg hat dieses Thema späterhin in zahlreichen weiteren kirchenrechtlichen und kirchenpolitischen Schriften behandelt. ›Sein Ideal war das territorialistische Staatskirchenrecht des 17. und 18. Jahrhunderts, das dem Staat weitgehende Macht auch über das innerkirchliche Leben gewährt‹ (R. Sohm). Friedberg ist wissenschaftlicher Parteigänger und politischer Berater in dem von Bismarck seit 1872 ausgefochtenen Kulturkampf geworden; namentlich an den Kirchengesetzen von 1872 war Friedberg in einflußreicher Weise beteiligt. Er handelte darüber zugleich wissenschaftlich in seiner Schrift ›Die preußischen Gesetze über die Stellung der Kirche zum Staat‹ (1873). Der streng rechtlich denkende Mann ist von der Mitverantwortung für den Kulturkampf ebensowenig freizusprechen, wie es anderseits sein Verdienst ist, daß der Kampf in den Bahnen des konstitutionellen Rechtsstaates verblieb.

Friedbergs bleibendes wissenschaftliches Verdienst ist die noch heute maßgebende Ausgabe des Corpus Juris Canonici (1879/82). Er konnte dabei aufbauen auf der großen Ausgabe von Ae. L. Richter (1837/39). Aber im Gegensatz zu Richter und anderen Vorgängern hatte sich Friedberg das Ziel gesetzt, den im Laufe der Jahrhunderte überlagerten Text nach Möglichkeit in seiner ursprünglichen Gestalt wiederherzustellen. Er handelt davon in Prolegomena (I 1879, II 1882). Sein hochgestecktes Ziel hat er naturgemäß nicht voll erreicht (kritisch und zugleich vorwärtsweisend: St. Kuttner, De Gratiani opere noviter edendo, in: Apollinaris 21, Rom 1948, S. 118 f.). Dennoch bedeutet seine Ausgabe den Brückenschlag zur modernen historischen Kanonistik; sie wird auch für die Zukunft noch solange maßgebend sein, bis die 1952 in Bologna beschlossene kritische Neuausgabe wenigstens des Decretum Gratiani Gestalt gewinnt.«

Erler, Adalbert, in: Neue Deutsche Biographie 5 (1961), S. 443 f.

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