Zwangsarbeit im stalinistischen Lagersystem

Eine Untersuchung der Methoden, Strategien und Ziele ihrer Ausnutzung am Beispiel Norilsk, 1935-1953

2006. Tab., Abb., 1 Ausschlagtafel; 273 S.
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ISBN 978-3-428-11863-2
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ISBN 978-3-428-51863-0
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ISBN 978-3-428-81863-1
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Description

Daß Millionen Menschen in den stalinistischen Lagern unter erbärmlichen Bedingungen Zwangsarbeit leisten mußten, ist seit langem bekannt. Doch erst seit Öffnung der vormals sowjetischen Archive verfügen Historiker über jene Quellen, die die Rekonstruktion und Analyse der internen Funktionsmechanismen des Lagersystems erlauben. Wie also wurde Zwangsarbeit im Stalinismus organisiert und gesteuert? Welche Methoden und Strategien treten hervor, und auf welche intentionalen Präferenzen lassen sie schließen? Worin bestand der ökonomische und politische Zweck der Ausnutzung von Zwangsarbeit im Stalinismus? Diese Fragen untersucht Simon Ertz am Beispiel von Norilsk, wo über 270.000 Häftlinge unter extremen klimatischen Bedingungen einen Industriestandort zur Ausbeutung gewaltiger Buntmetallvorkommen aufbauen und betreiben mußten.

Anhand eines breiten Fundus behördlicher Archivdokumente sowie einer Vielzahl von Erinnerungen ehemaliger Gefangener demonstriert der Verfasser, daß die Administratoren des stalinistischen Lagersystems Häftlingsarbeit vorrangig als wirtschaftliche Ressource betrachteten und behandelten. Dabei nutzten sie einerseits die durch den Arbeitszwang gegebenen Möglichkeiten rigoros aus. Andererseits unternahmen sie wiederholt Anstrengungen, Zahl und Leistungsfähigkeit der Arbeitskräfte zu bewahren und den aus ihnen gezogenen Nutzen zu maximieren. Zwar lag dem Handeln zentraler und lokaler Lagerverwaltungen damit kein Vernichtungsauftrag oder -wille zugrunde, doch war es auch nicht von besonderer Rücksichtnahme gegenüber den einzelnen inhaftierten Menschen gekennzeichnet. Diese Herangehensweise war Grundvoraussetzung des millionenfachen Leidens in den stalinistischen Lagern, dessen endgültiges Ausmaß entscheidend von systemimmanenten Dysfunktionalitäten und Ineffizienzen sowie von externen Krisen bestimmt wurde.

Overview

Inhaltsübersicht: A. Einführung: Zur Problematik der Erforschung des stalinistischen Lagersystems - Entwicklung und Eingrenzung der Fragestellung: Zwangsarbeit in Norilsk - Bemerkungen zu den benutzten Quellen - Anlage und Aufbau der Untersuchung - B. Parameter, Gestalt und Entwicklung des Untersuchungsobjektes: Lage und Geofaktoren des Standortes: Schwierigkeiten und Hindernisse - Hintergründe der Übertragung des Projektes an den NKWD - Administrative Struktur des Kombinates und des Lagerkomplexes - Wirtschaftliche Entwicklung des Kombinates 1935-1956 - Bedeutung des Kombinates für die sowjetische Industrie - Entwicklung, Ausdehnung und Gestalt des Norilsker Lagers - C. Der Arbeitskräftebestand des Norilsker Kombinates: Dynamik, Struktur und Verwendung: Entwicklung der Anzahl der Häftlinge - Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit der Häftlinge - Häftlingssterblichkeit - Intensität der Arbeitsausnutzung der Gefangenen - Die "zivilen" Beschäftigten des Kombinates: Charakteristika und Bedeutung - Verteilung der Arbeitskräfte nach Einsatzbereichen - Verteilung der Arbeitskräfte nach Qualifikationsmerkmalen - D. Normative und faktische Regulierung von Zwangsarbeit in Norilsk: Regelung der Arbeitszeit - Maßnahmen zur Erhöhung der Arbeitsproduktivität - E. Zwangsarbeit in Norilsk aus der Sicht ehemaliger Häftlinge: Methodische Vorbemerkungen - Individuelle Darstellungen von Zwangsarbeit und materiellen Lebensumständen - F. Zusammenfassung und Deutung der Ergebnisse: G. Exkurs: Möglichkeiten und Grenzen der Bewertung des Nutzens von Zwangsarbeit in Norilsk - H. Anhang: Produktionsstatistiken des Norilsker Kombinates - Häftlingsstatistiken der Norilsker Lager - Organisationsdiagramme zur administrativen Zugehörigkeit des Norilsker Bauvorhabens / Kombinates und des Norilsker Lagers - Karten zur Dislokation der Norilsker Lager - Ansichten des Norilsker Bauvorhabens / Kombinates - Quellen- und Literaturverzeichnis - Index

Press Reviews

»Der junge Historiker Simon Ertz, derzeit Doktorand am History Department der Stanford University in Kalifornien, hat die faszinierende, die grausame Geschichte von Norilsk erforscht und aufgeschrieben. […] Prädikat: äußerst lesenswert – ›Gulag‹-Literatur auf solidem Fundament, ein bewegendes, herausragendes Werk der Leidensgeschichte der Menschheit im 20. Jahrhundert.«
In: Deutschlandfunk – Politische Literatur, 23.07.2007

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