Affekt, Moral, Gesellschaft im Alltagsdenken der weltlichen Oberschichten des Abendlandes – Eine biologisch-psychologisch-soziologische Synthese
Description
Manierenschriften für Angehörige der europäischen Oberschichten fordern stets: Mienen, Gesten und Tonfall sollen die Übereinstimmung der Gefühle mit dem moralisch konformen Verhalten ausdrücken. Mittelalterliche Lehrer höfischer Sitte und bürgerliche Anstands- und Tugendlehrer des 18./19. Jh. verlangen zudem die Übereinstimmung des Affektausdrucks mit den wahren Gefühlen. Politische Klugheitslehrer des 17./18. Jh. warnen hingegen vor Offenherzigkeit. Diese Beobachtung ist Ausgangspunkt einer Rekonstruktion der ethischen Alltagstheorien und Gesellschaftsbilder, die so unterschiedliche Grundsätze verständlich machen. Die Rekonstruktion bedient sich begrifflicher Mittel aus der Psychologie der kognitiv-moralischen Entwicklung (Piaget, Kohlberg). Ritter und Bürger kultivieren gleichermaßen soziozentrische Moralbegriffe, die auf moralisch konformen Gefühlen beruhen und moralische Werte zu (metaphysischen) Tatsachen machen. Aristokraten des 17. Jh. relativieren moralische Werte als Zuschreibungen und rekonstruieren Normen als Mittel zur Beförderung der »Glückseligkeit« der Menschen. Die soziologische Deutung bezieht die Abfolge moralischer Paradigmen auf den Übergang von der ständischen zur staatlichen Verfassung der Gesellschaft und den damit verbundenen Wandel der Lebensbedingungen der Oberschichten.
Overview
I. Einleitung
II. Der hüfsche muot
III. Cortigiano und St. Grobian
IV. Die politische Klugheit
V. Die schöne Seele
VI. Denkmittel und Lebensräume
VII. Gedankliche Arbeitsmodelle affektiver Selbststeuerung
VIII. Über den Begriff der Zivilisation
IX. Nationale Besonderheiten
X. Wandel der Sozialstruktur – Wandel der Denkmittel
Literaturverzeichnis
Sach- und Personenverzeichnis
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