Eine Untersuchung über die Grenzen »zulässiger Verteidigung« und die Relevanz des Nemo-tenetur-Prinzips bei der Strafzumessung selbstbegünstigenden Nachtatverhaltens gem. § 46 Abs. 2 StGB
Description
Was der Täter, um einer Überführung zu entgehen, tun oder unterlassen darf, ohne daß ihm dies bei der Strafzumessung erschwerend angelastet werden kann, ist, obschon sich die Frage einem Strafrechtspraktiker beinahe täglich stellt, noch immer unklar. Symptomatisch für diese Unsicherheit sind die vielen erfolgreichen (Strafmaß-)Revisionen, in denen die Grenzen zulässigen Verteidigungsverhaltens beleuchtet werden.
In der vorgestellten Monographie versucht der Autor die Problematik der Strafzumessungsrelevanz selbstvergünstigenden Nachtatverhaltens in den Griff zu bekommen. Nach der Analyse bereits vorhandener Erklärungsmodelle (von Rogall, Schneider, Wolff, Grünwald, Reiß, der Rechtsprechung sowie Bosch) entwickelt Ronald Torka schrittweise ein neues, umfassendes Selbstbegünstigungskonzept, das zugleich als Prüfschema dient. Im Zentrum steht dabei der alte Rechtsgrundsatz des Nemo tenetur se ipsum prodere, dessen Reichweite de interpretatione ferenda auch auf aktives Handeln erweitert wird und der sodann als Unterprinzipien einerseits die - zuvor eigenständig, d. h. vor allem ohne Rückgriff auf das Schweigerecht hergeleitete - Lügefreiheit des Beschuldigten (verbale Selbstbegünstigungen betreffend) sowie andererseits die Bezichtigungsfreiheit (non-verbale Selbstbegünstigungen betreffend) aufnehmen kann. Kern des neuen Nemo-tenetur-Satzes bleibt dabei das mit diesem seit jeher in Verbindung gebrachte, in der StPO normierte Schweigerecht des Beschuldigten. Die unweigerliche Frage, wie sich das neuinterpretierte Selbstbegünstigungsprivileg zum Rechtsgüterschutz verhält, wird vermittels eines Speziellen Entschuldigungsgrundes differenziert gelöst.
Der letzte Teil bietet eine nachschlagewerksähnliche Übersicht über die einzelnen Teilfragen. Dabei stellt der Autor die Behandlung der Teilfragen in der st. Rspr. - fallgruppengeordnet - derjenigen Lösung gegenüber, welche sich bei Anwendung der Neuinterpretation des Nemo-tenetur-Satzes ergibt.
Overview
Inhaltsübersicht: Problemstellung - Erster Teil: Schuldstrafrecht, Strafzumessung und Nemo tenetur de interpretatione lata: Schuld und Strafe - Die Freiheit vom Zwang zur Selbstbelastung. Nemo tenetur de interpretatione lata - Zweiter Teil: Verfassungsrechtliche Verortung des Nemo-tenetur-Prinzips und dessen Interpretatio ferenda: Analyse der Strafverfolgungssituation - Nemo tenetur: de interpretatione ferenda - Konkretisierung der Neuinterpretation - Beginn der "Nachtat"-Phase - Fazit des Zweiten Teils - Dritter Teil: Fallgruppenweise, die beiden Interpretationen vergleichende Analyse: Schweigen/Teilschweigen - Leugnen - Konsequentes Folgeverhalten - Spurenbeseitigung - Flucht - Unterlassene Hilfeleistung § 323c StGB - Fazit des Dritten Teils - Gesamtergebnis - Literaturverzeichnis - Sachwortverzeichnis