Inhalt und Reichweite einer »gemeineuropäischen Grundrechtsfunktion«
Description
Was haben der Schutz des ungeborenen Lebens und der Schutz vor den Risiken der Kernenergie, der Gentechnik des sog. Elektrosmog, des Terrorismus usw. gemeinsam? Bei allen wird in der deutschen Verfassungsrechtsprechung und -literatur ganz überwiegend davon ausgegangen, dass nicht die herkömmliche, »klassische« Funktion der Grundrechte als Abwehrrechte einschlägig ist, sondern eine »neue« Grundrechtsfunktion, die Schutz-Funktion. Peter Szczekalla verfolgt das Ziel, diese spätestens seit der ersten Entscheidung des BVerfG zum Schwangerschaftsabbruch anerkannte und seither immer wieder bestätigte sog. Grundrechtsfunktion kritisch zu hinterfragen und im Kontext der europäischen Einigung zu untersuchen.
Der Autor zeigt, dass die Schutzpflichten mittlerweile eine gemeineuropäische Grundrechtsfunktion darstellen. Er schlägt gleichwohl vor, die einschlägigen Fallkonstellationen im Wesentlichen - bis auf den sog. diplomatischen Schutz, den Schutz vor echten, also nicht anthropogen verursachten »Natur«-Katastrophen und den Schutz künftiger Generationen - unter Heranziehung der Grundrechte als Abwehrrechte zu lösen, weil dies zu einem rationaleren Grundrechtsdiskurs führt. Neben den eingangs genannten Fall-Beispielen wird die außerordentliche Praxisrelevanz des untersuchten Themas im Hinblick auf die BSE-Krise sowie gewalttätige Übergriffe auf grenzüberschreitende Warentransporte, Fernfahrerstreiks, Blockadeaktionen, rassistische Angriffe auf Ausländer u. v. a. m. hinreichend dokumentiert.
Overview
Inhaltsübersicht: Einleitung: Ziel, Rechtfertigung und Gang der Untersuchung - Vorbemerkung zum möglichen Ertrag der Untersuchung - Vorbemerkung zur Einbeziehung rechtstatsächlichen Materials - Erster Teil: Die sogenannte grundrechtliche Schutzpflicht im deutschen Recht: Die Rechtsprechung des BVerfG - Die Rechtsprechung der übrigen Gerichte und die Haltung der Literatur im Überblick - »Neu«-Ansatz: Rückbesinnung und Reduktion - Zweiter Teil: Die Schutzpflicht im europäischen Recht: Grundrechte im europäischen Recht - Ansätze für gemeinschaftliche Schutzpflichten im europäischen Recht - Ergebnisse der Untersuchung - Exkurs: Eine Allgemeine Gemeinschaftslehre als Desiderat - Dritter Teil: (Mögliche) Praktische Folgerungen: Die Konkurrenz von Schutz-Gemeinschaft und Schutz-Staat - Schutzpflichtkonforme Auslegung - Unmittelbare horizontale Richtlinien-Wirkung aus Gründen der (gemeinschafts-)grundrechtlichen Schutzpflicht? - Sekundärer Schutz: Herleitung eines gemeinschaftlichen Rechtsschutzanspruchs aus dem Schutzpflichtgedanken - Tertiärer Schutz: Gemeinschafts- und Staatshaftung - Schutzpflichten als Argument zur Beschränkung von Grundrechten und Grundfreiheiten - Diplomatischer Schutz der Mitgliedstaaten gegen Rechtsakte der EG bzw. deren Unterlassung? - Diplomatischer Schutz der Mitgliedstaaten gegen gemeinschafts(grund)rechtswidriges Verhalten anderer Mitgliedstaaten? - Schutzpflicht gegen Inländerdiskriminierung? - Vierter Teil: Zusammenfassung in Thesen: Anhang: Das sog. logische bzw. deontische (oder: Normen-) Quadrat - Literaturverzeichnis - Personen- und Sachverzeichnis
Press Reviews
»Mit seiner Arbeit ist dem Verf. der überzeugende Nachweis gelungen, daß auch die Gemeinschaftsgrundrechte ihre Adressaten positiv zum Schutz der Grundrechte gegenüber Gefahren verpflichten, die nicht von der Union bzw. ihren Mitgliedstaaten ausgehen. […] Peter Szczekalla hat nicht nur eine überaus sorgfältig und methodensicher gearbeitete Studie zu den grundrechtlichen Schutzpflichten im deutschen und europäischen Recht vorgelegt, sondern zugleich einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis der allgemeinen Lehren der Gemeinschaftsgrundrechte geleistet.«
Prof. Dr. Joachim Suerbaum, in: Der Staat, 4/2004
»Peter Szczekalla hat mit seiner Dissertation ein umfassendes Handbuch zum aktuellen Stand der Lehre von den grundrechtlichen Schutzpflichten sowohl auf nationalstaatlicher als auch auf der europäischen Ebene vorgelegt. Jede zukünftige Beschäftigung mit dem Thema wird an diesem Kompendium nicht vorbeigehen können.«
Privatdozent Dr. Peter Unruh, in: Juristenzeitung, 9/2003
