Beschreibung
Schulden sind die treibende Kraft von Investitionen, Wirtschaftswachstum und Wohlstand: Ohne Verschuldung gäbe es keine verzinslichen Anlagen für Sparer. Reale Zinsen werden durch produktive Investitionen in der Realwirtschaft generiert. Die aktuellen Niedrigzinsen deuten auf einen Sparüberhang hin. Die globale Finanzkrise war eine Krise der Überschuldung für unproduktive Investitionen in nicht werthaltige Finanzinstrumente. Überschuldete Banken mussten Schulden abbauen, reorganisiert oder vom Staat gerettet werden. Staaten, die sich dafür verschuldeten, mussten höhere Zinsen zahlen, gerieten in eine Krise und erhielten neue Schulden durch »Rettungspakete«. Gleichzeitig stellen Schuldenobergrenzen ein Hindernis bei der Überwindung von Krisen durch kreditfinanzierte Investitionen dar. Ähnlich auf der Ebene der privaten Haushalte: Einerseits brauchen sie Kredite für die produktive Teilhabe am Wirtschaftsleben wie für Existenzgründungen, andererseits sind gerade einkommensschwächere Verbraucher dem Risiko der Überschuldung ausgesetzt. Zur Vermeidung der Insolvenz müssen sie oft teure Umschuldungskredite annehmen, die ihre Schuldenlast weiter erhöhen. Es stellt sich die Frage, welche regulatorischen Maßnahmen notwendig sind, um eine unverantwortliche oder wucherische Kreditvergabe zu verhindern. Marktversagen auf Kreditmärkten, sei es durch Wucher, Diskriminierung oder spekulative Übertreibungen bei der Preisbildung von Anleihen, kann durch staatliche Eingriffe wohlfahrtssteigernd korrigiert werden.
Zwei Bände – VJH 4-2019 in deutscher und VJH 1-2020 in englischer Sprache – geben Antworten auf die Frage »Schulden – Segen oder Fluch?« und zeigen politische Handlungsoptionen auf. Sie enthalten wegweisende Beiträge von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verschiedener Fachrichtungen (Wirtschaft, Politikwissenschaft, Recht, Ethik), dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, dem Jubiläumsnetzwerk »erlassjahr.de/Jubilee Germany«, dem Centre for Responsible Credit (UK) und dem Deutschen Netzwerk Wirtschaftsethik.
Der vorliegende erste Band befasst sich mit Staatsschulden in Deutschland, Europa und dem Globalen Süden, politischer Ökonomie der Staatsverschuldung, Modern Monetary Theory, verantwortlicher Vergabe von Verbraucherkrediten und Krediten der Privatwirtschaft im Euroraum.
Inhaltsübersicht
Peter Hennecke, Doris Neuberger und Dorothea Schäfer
Schulden – Segen oder Fluch?
Schulden und Zinsen
Heiner Flassbeck
Die Schulden und die ökonomische Logik
Christian Hecker
»Ex contingente necessarium …« (M. Luther) – Der ökonomische Kern moralphilosophischer Zinskritik
Staatsverschuldung
Karsten Mause
Staatsverschuldung aus Bürgersicht: Ein Forschungsüberblick
David Büttner und Martin Meurers
Der deutsche Schuldenabbau im europäischen Vergleich: glückliche Umstände oder starke Leistung?
Mara Liebal und Kristina Rehbein
Die Schuldenkrise des Globalen Südens: Verfahren zu ihrer Bewältigung schaffen
Dirk Ehnts und Michael Paetz
Die Modern Monetary Theory: Staatsschulden als Steuergutschriften
Sebastian Dullien und Silke Tober
Stärken und Schwächen der Modern Monetary Theory
Verschuldung des Privatsektors
Ingrid Größl und Sally Peters
Verantwortliche Vergabe von Ratenkrediten durch Banken; Konzeption, Praxis und Potenzial
Manuel Rupprecht und Monika Wohlmann
Wie krisenfest ist die Verschuldung des Privatsektors im Euroraum? Entwicklung und Struktur der privaten Verschuldung seit Krisenausbruch und ihre wirtschaftspolitischen Implikationen
Die Autorinnen und Autoren
Buchbesprechung