Unter besonderer Berücksichtigung von Compliance-Systemen
Beschreibung
Timo Schrott untersucht in dieser Publikation ein Zurechnungsproblem, das in der strafrechtlichen Aufarbeitung des Einsturzes der Bad Reichenhaller Eissporthalle am 2. Januar 2006 die entscheidende Rolle spielte: Kann sich ein pflichtwidrig Unterlassender zu seiner Entlastung darauf berufen, dass bei seinem pflichtgemäßem Handeln möglicherweise ein anderer den Erfolg verursacht hätte?
In arbeitsteiligen Strukturen bringt dieses Problem das strafrechtliche Zurechnungssystem an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. Während der BGH nach dem Zweifelsgrundsatz freispricht, empfinden einflussreiche Autoren eine Entlastung als unerträglich und rechnen den Erfolg zu.
In einer rechtsphilosophischen Einführung stellt der Autor die heute in der Wissenschaftstheorie vorherrschende, auf Naturgesetzen basierende Kausalitätsfeststellung hermeneutischen Ansätzen gegenüber.
Im rechtsdogmatischen Kernteil entwickelt er nach Aufarbeitung der Diskussion in Rechtsprechung und Literatur eine eigene Lösung. Die entscheidende Herausforderung sieht er darin, eine vorhersehbare, tatsachenbasierte Zurechnung zu ermöglichen. Er entwickelt Zurechnungskriterien, die den notwendigen Bezug zum konkreten Tatgeschehen wahren und ausufernde hypothetische Erwägungen vermeiden.
In einer abschließenden Studie untersucht der Autor das Zurechnungsproblem im Kontext von Compliance-Systemen und erweitert so die bislang sehr auf die Garantenstellung des Compliance-Officers konzentrierte Diskussion.
Inhaltsübersicht
A. Erfolgszurechnung bei drittvermittelten Rettungsgeschehen als Belastungsprobe empirischer Kausalitätsfeststellung
Praktische Annäherung an das Problem: Der Eissporthallen-Fall – Begriffsklärungen – Untersuchungsbedarf – Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands – Gang der Untersuchung
B. Wissenschaftstheoretische und strafrechtsdogmatische Grundfragen zur Kausalität der Unterlassung
Die Kausalität und ihre Feststellung – Die Erfolgszurechnung im Bereich der Unterlassungsdelikte
C. Erfolgszurechnung bei drittvermittelten Rettungsgeschehen: Diskussion in Literatur und Rechtsprechung
Das Zurechnungsproblem und seine Praxisrelevanz – Die Lösung der Rechtsprechung – Kritik in der Literatur – Überprüfung und eigene Kritik – Alternative Lösungsansätze in der Literatur
D. Entwicklung eines eigenen Zurechnungsmodells
Versuch der Lösung über bekannte dogmatische Figuren – Grundstruktur des Zurechnungsmodells – Ausgestaltung des Zurechnungsmodells – Überprüfung des Zurechnungsmodells anhand der höchstrichterlichen Rechtsprechung
E. Anwendung des Lösungskonzepts auf ausgewählte Zurechnungsprobleme im Rahmen von Compliance-Systemen
Einführung – Fallkonstellationen – Anwendung des Lösungsmodells – Ergebnis
F. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse und Ausblick
Literaturverzeichnis
Sachwortverzeichnis
Themen
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