Eine rechtsvergleichende Untersuchung zum Aussageverlust materiellen Rechts bei Betrug und Untreue in England und Deutschland
Beschreibung
Die Arbeit untersucht einen Aussage- und Funktionsverlust materiellen Strafrechts infolge verfolgungseffizienzorientierter Flexibilisierungstendenzen und identifiziert die sich daraus ergebenden Konsequenzen. Beruht Strafbarkeit mangels klarer normativer Vorgaben zunehmend auf undifferenzierten Werturteilen der Rechtsanwender, so geraten die Gründe der Sozialschädlichkeit einer Tat aus dem Blick. Materielles Recht bietet den Normadressaten dann keine verhaltensleitende Orientierung mehr, der Gesetzgeber verliert an Einfluss auf Kriminalpolitik, Strafjustiz büßt an Transparenz ein. Infolge einer moralisierenden Strafbarkeitsbegründung läuft der Bürger zudem vermehrt Gefahr, auf der Grundlage von Vorurteilen und Unterstellungen bestraft zu werden. Plädiert wird daher für eine Rückbesinnung auf den Rechtsgüterschutz als Maßstab eines inhaltlich ausdifferenzierten Rechts.
Die Arbeit wurde mit dem Rüdiger-Bub-Preis der Universität Potsdam ausgezeichnet.
Inhaltsübersicht
1. Teil: Zum Charakter eines auf strafbarkeitsbegründende Konsequenzen verzichtenden Kernstrafrechts: die Delikte des reformierten englischen Rechts zu Betrug und Untreue
Zur Orientierungslosigkeit eines moralisierenden Strafrechts: die Delikte des bis zum Jahre 2007 geltenden Rechts der täuschungsbedingten Vermögenserlangung – Zur Bestimmung strafbaren Verhaltens im Wege einer rationalen Kriterien nicht zugänglichen Bewertung: der richterrechtliche Straftatbestand conspiracy to defraud – Zur Relativierung tatbestandlichen Unrechts im Interesse flexibler Strafverfolgung: die Rechtsprechung zu theft – Straftatbestände als äußere Grenzen einer ermessensgeleiteten Strafverfolgung: die Kerntatbestände des Fraud Act 2006
2. Teil: Bedeutung und Bedeutungsverlust von Rechtsgut und Schadensbegriff im Lichte einer Gegenüberstellung der Kerndelikte des englischen und deutschen Rechts
Deliktsstrukturelle Unterschiede der Strafbarkeit betrügerischen und veruntreuenden Verhaltens im englischen und deutschen Recht – Das Verhältnis von tatbestandlicher Verhaltensbeschreibung und Schadensbegriff und die Infragestellung des letzteren, untersucht am Beispiel der Vermögensschädigung durch Täuschung – Infragestellung der Rechtsgutsbezogenheit der Vermögensdelikte bei den Figuren der schadensbegründenden Vermögensgefährdung und der vermögenswerten Exspektanz infolge einer Normativierung des Schadensbegriffs
3. Teil: Zur Rolle des Rechtsguts in einem auf Begrenzung angewiesenen Strafrecht: Bewahrung des Strafgesetzes als Medium zur Kommunikation einer gesellschaftlichen Mindestordnung
Begrenzungsansätze im deutschen Schrifttum – Kriminalisierung unter Berücksichtigung der Grenzen legitimen Strafens – Der Rechtsgutsbegriff als Voraussetzung kohärenter Kriminalisierung – Differenziertheit des Strafrechts als Voraussetzung der generalpräventiven Kommunikation einer gesellschaftlichen Werteordnung – Zusammenfassung
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