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Gewalt in der Frühen Neuzeit

Beiträge zur 5. Tagung der Arbeitsgemeinschaft Frühe Neuzeit im VHD

2005. Abb.; 408 S.
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ISBN 978-3-428-11824-3
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ISBN 978-3-428-51824-1
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Preis für Bibliotheken: 150,00 € [?]

Beschreibung

Das Thema Gewalt wurde in der Geschichtswissenschaft lange hauptsächlich im Kontext herrschaftlicher Gewalt thematisiert. Der Umstand, dass Gewalt im Sinne des Naturrechtes als »naturrechtliche Gegebenheit« bzw. positiv-rechtlich »als historische Gewordenheit« verstanden wurde, beeinflusste maßgeblich die Forschungsfragen. Mittlerweile wurde die lange vorherrschende und prägende Frage nach den Ursachen der Gewalt abgelöst von Fragen nach den Mechanismen und Möglichkeiten, mit Gewalt umzugehen, sich Gewalt anzueignen, Gewalt auszuüben, Gewalt zu widerstehen und das Recht auf Gewalt in Frage zu stellen. Im Zuge der historischen Alltagsforschung wurde die gesellschaftliche Praxis als breites und vielschichtiges Forschungsfeld entdeckt und durch mikrohistorische Zugangsweisen erschlossen. Gewaltverhältnisse in Ehe und Familie wurden verstärkt aus geschlechtergeschichtlicher Perspektive thematisiert, und die historische Kriminalitätsforschung begann, nach der sozialen Konstruiertheit »kriminellen« Handelns zu fragen. Gemeinsam ist diesen Forschungsrichtungen, dass mit der Frage nach Gewaltproduktion und Gewaltwahrnehmung auch die Menschen, die Gewalt ausübten oder erlitten, in den Blick kamen. Gewalt lässt sich vor diesem Hintergrund nicht länger als anthropologische Konstante definieren und hinnehmen. Wenn Gewalt gemacht ist, dann sind Gewalthandeln und Gewaltkonzepte veränderbar und dem historischen Wandel unterworfen und somit historisch und kulturell je spezifisch. Die Wahrnehmungen, Erfahrungen, Darstellungen und Imaginationen von Gewalt interagieren stark mit dem jeweiligen Kontext des Gewalthandelns und hängen vom Ort der Auseinandersetzung (Gericht, Kirche, Wirtshaus uvm.) ab, an dem die Frage, was als legitime bzw. nicht-legitime Gewalt anzusehen ist, verhandelt wird.

Das sind nur einige der Überlegungen und Beobachtungen, die die jüngere Geschichtswissenschaft dazu gebracht haben, neu über eine Analysekategorie Gewalt nachzudenken und dabei insbesondere bestehende Auffassungen von legitimer und nicht-legitimer Gewalt aufzugreifen und zu hinterfragen. Im vorliegenden Band wird eine breite thematische Fächerung zugunsten aktuell diskutierter Probleme (z. B. interkulturelle und zwischenstaatliche Auseinandersetzungen) durch Fragen nach dem analytischen Potential einer Kategorie Gewalt ergänzt.

Inhaltsübersicht

Inhalt: C. Ulbrich / C. Jarzebowski / M. Hohkamp, Einleitung - Sektion 1: H. Medick, Massaker in der Frühen Neuzeit - P. Burschel, »... es muss ja ein Unterschied sein ...« Das Massaker von Frankenhausen - D. Crouzet, Königliche und religiöse Gewalt im Massaker der Bartholomäusnacht oder der »Wille« Karls IX. - C. Büschges, Gewaltsame Kulturkontakte. Massaker in der spanischen Eroberung Mexikos - M. Krieger, Massaker und koloniale Staatsgewalt in Indien - Sektion 2: F. Loetz, Gewalt: politische Ideale und soziale Leitbilder - M. Lindemann, Gewalt und Bürgerlichkeit: Hamburg und Amsterdam in vergleichender Perspektive - M. Füssel, Gewalt im Zeichen der Feder. Soziale Leitbilder in akademischen Initiationsriten der Frühen Neuzeit - A. Holenstein, Frugalität und Virilität. Zur Mythisierung kriegerischer Gewalt im republikanischen Diskurs in der Schweiz des 18. Jahrhunderts - B. Kümin, Friede, Gewalt und öffentliche Räume: Grenzziehungen im alteuropäischen Wirtshaus - Sektion 3: H. Carl, Gewalttätigkeit und Herrschaftsverdichtung. Die Rolle und Funktion organisierter Gewalt in der Frühen Neuzeit - E. Kormann, Violentia, Potestas und Potential: Gewalt in Selbstzeugnissen von Nonnen und Mönchen des Dreißigjährigen Krieges - M. Lorenz, Besatzung als Landesherrschaft und methodisches Problem. Wann ist Gewalt Gewalt? Physische Konflikte zwischen schwedischem Militär und Einwohnern Vorpommerns und Bremen-Verdens in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts - M. Meumann, Herrschaft oder Tyrannis? Zur Legitimität von Gewalt bei militärischer Besetzung - J. Eibach, Institutionalisierte Gewalt im urbanen Raum: »Stadtfrieden« in Deutschland und der Schweiz zwischen bürgerlicher und obrigkeitlicher Regelung (15.-18. Jahrhundert) - Sektion 4: W. Schulze, Optionen und Beilegung zwischenstaatlicher Gewalt in der Frühen Neuzeit - G. J. Wolf, Kommunikation und Gewalt in den frühmodernen Internationalen Beziehungen: Ansätze der Forschung und Praxis Bayerns und der Kurpfalz im konfessionellen Zeitalter - L. Schilling, Gewalt als Mittel staatlicher Expansion im Urteil der Aufklärungszeit - H. Duchhardt, Gewaltverhinderung als Ansatz der praktischen Politik und des politischen Denkens - C. Kampmann, Friedensstiftung von außen? Zur Problematik von Friedensvermittlung und Schiedsgerichtsbarkeit in frühneuzeitlichen Staatenkonflikten - R. Pröve, Vom ius ad bellum zum ius in bello. Legitimation militärischer Gewalt in der Frühen Neuzeit - Sektion 5: P. Schmidt, Krieg und Recht in interkultureller Begegnung und Konfrontation: Mittelmeer und Atlantischer Raum in der Frühen Neuzeit - S. N. Faroqhi, Opfer der Gewalt: Einige Fälle von Mord, Raub und Bedrohung in Nordwestanatolien um 1760 - M. Häberlein, Recht und Gewalt in den englisch-indianischen Beziehungen im Nordamerika des 17. Jahrhunderts - P. Schmidt, Krieg und Recht an den Grenzen der Christianitas: Der Zweifrontenkrieg des spanischen Imperiums gegen Muslime und Indios (16./17. Jahrhundert) - C. Windler, Verrechtlichte Gewalt zwischen Muslimen und Christen: französisch-maghrebinische und spanisch-maghrebinische Beziehungen - Sektion 6: M. Mommertz, Gewalt und Imagination - M. Mommertz, »Imaginative Gewalt«, praxe(m)ologische Überlegungen zu einer vernachlässigten Gewaltform - A. Bähr, Die Semantik der Ungarischen Krankheit. Imaginationen von Gewalt als Krankheitsursache zwischen Reformation und Aufklärung - U. Lotz-Heumann, Gewaltpraktiken und ihre Diskursivierung: Die irische Rebellion von 1641 - H. Rudolph, »Pain in the reality, yet a delight in the representation«. Verbale und visuelle Repräsentationen von Gewalt am Beginn der Neuzeit

Pressestimmen

»Insgesamt überzeugt der Sammelband durch die Mannigfaltigkeit der Themenfelder und methodischen Ansätze. Der Großteil der Beiträge glänzt mit einem hohen Grad an theoretischer Reflexion und löst den von den Veranstalterinnen formulierten Anspruch ein, Gewalt nicht nur zu beschreiben, sondern als analytische Kategorie zu verwenden. Gemeinsam ist den Beiträgen, dass Gewalt nicht als anthropologische Konstante, sondern als veränderbar und dem historischen Wandel unterworfen behandelt wird. Gewalthandeln und Gewaltkonzepte werden somit als historisch und kulturell je spezifisch analysiert.« Gundula Gahlen, in: Militärgeschichtliche Zeitschrift, 2/2006

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