Die Einheit der Rechtsordnung

Bedeutungen einer juristischen Formel in Rechtstheorie, Zivil- und Staatsrechtswissenschaft des 19. und 20. Jahrhunderts

1995. 227 S.
Erhältlich als
59,90 €
ISBN 978-3-428-08370-1
sofort lieferbar
59,90 €
ISBN 978-3-428-48370-9
sofort lieferbar
Preis für Bibliotheken: 90,00 € [?]

Beschreibung

Diese Untersuchung zielt darauf, eine juristische Formel in ein helleres Licht zu stellen, die gern und häufig verwendet wird, deren sachlicher Gehalt aber von einer Aura des Dunklen und Nebulösen umfangen ist.

Das einleitende Kapitel der Studie, die am ehesten als juristische Begriffsgeschichte zu qualifizieren ist, weist den vielfältigen und unsicheren Gebrauch der Rede von der Einheit der Rechtsordnung in der gegenwärtigen Rechtswissenschaft und -praxis nach und begründet das Vorhaben, die historischen Ursprünge dieser Formel aufzudecken.

Die Betrachtung setzt ein mit den in der Zivilrechtswissenschaft um das Jahr 1800 auftretenden Einheitskonzepten (Thibaut, Feuerbach, Zachariae, Seidensticker), in denen sich maßgebliche Motive des in jener Zeit wirkungsstarken kantianischen Wissenschaftsverständnisses wiederfinden. Sie führt weiter über die zahlreichen Einheitsformeln der Historischen Rechtsschule (Savigny, Eichhorn, Puchta, Reyscher, Beseler, Jhering) und widmet sich den im Ausgang des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts Einfluß gewinnenden neukantianischen (Merkel, Stammler) und frühen rechtssoziologischen (Heck, Ehrlich) Ansätzen.

Sodann beobachtet der Autor die im vormärzlichen Staatsrecht parallel zur Zivilistik verlaufenden Entwicklungen (Klüber, Maurenbrecher) und deutet danach das ebenfalls kantianisch geprägte Einheitskonzept Gerbers als wesentliches Moment der Gründung des staatsrechtlichen Positivismus. Er zeigt, daß das Gerbersche Konzept auf Jellineks und vor allem auf Kelsens Werk einwirkte, in dem es zu breit angelegten und feindifferenzierten Theoremen ausgearbeitet wurde. Die Einheitsformeln der Weimarer Zeit (Triepel, Smend, Heller) erweisen sich dann als Antworten auf diese Theoreme und selbst Engischs berühmte Monographie "Die Einheit der Rechtsordnung" aus dem Jahre 1935 wird als Fortführung Kelsenscher Lehren verständlich.

Das resümierende Schlußkapitel sucht schließlich die in der juristischen Überlieferung vorgefundenen Einheitsformeln mit den Herausforderungen gegenwärtigen Rechtsdenkens zu konfrontieren. Dabei zeichnen sich Thesen ab, die einer Rechtsdogmatik, die um die Notwendigkeit ihrer rechtstheoretischen Fundierung weiß, Anstöße zu einer neuen und weiterführenden Diskussion des Einheitsproblems geben könnten.

Inhaltsübersicht

Inhaltsübersicht: A. Einleitung: Verwendungen der Formel von der Einheit der Rechtsordnung in Rechtspraxis und -wissenschaft der Gegenwart (Problemstellung) - Eigenarten und Methodik einer Verwendungsanalyse - Sachliche und zeitliche Begrenzungen der Untersuchung - B. Einheitsformeln in Rechtstheorie und Zivilrechtswissenschaft: Rechtswissenschaft an der Wende zum 19. Jahrhundert - Kodifikationsstreit - Historische Rechtsschule - Juristischer Positivismus und Neukantianismus - Interessenjurisprudenz und frühe Rechtssoziologie - C. Einheitsformeln in der Staatsrechtswissenschaft: Überleitung - Staatsrechtswissenschaft im Vormärz - Staatsrechtswissenschaftlicher Positivismus - Die Reine Rechtslehre Kelsens (1911-1979) - Weimarer Staatsrechtslehre (Triepel, Heller, Smend) - Engischs "Die Einheit der Rechtsordnung"(1935) - D. Resümee - Literaturverzeichnis

Pressestimmen

»[...] daß die Arbeit von Manfred Baldus eine große, ja kaum zu überschätzende Leistung darstellt. Es ist ihm gelungen, zahlreichen rechtshistorischen, -politischen und -theoretischen Aspekten der vielseitigen Einheitsformel gerecht zu werden, und man vermag anhand seiner Arbeit die Reichtümer auf diesem Gebiet einzuschätzen.« S. L. Paulson, in: Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte, 3–4/1998

»Manfred Baldus bietet hierzu in seiner Frankfurter Dissertation einen hervorragenden historischen Abriß. [...] Die analytische Kraft von Baldus und der glückliche Zugriff auf wesentliche Zusammenhänge der einzelnen Lehren verdient uneingeschränkte Bewunderung. [...] Der letzte Absatz der Arbeit endlich enthält das zentrale Postulat in der Sache der Einheitsbildung selbst: die Schaffung der Einheit des Rechts in der europäischen Union. Baldus' historische Analyse trägt hierzu ein Stück praxisbedeutsamer Rechtswissenschaft bei.« Gerhard Robbers, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung, 115/1998

Bücher aus denselben Fachgebieten

Warenkorb

Ihr Warenkorb ist leer.